Der 1846 eingeweihte Ludwigskanal ist als der erste Kanal auf dem Kontinent in Erinnerung geblieben, der die Verbindung zwischen der Nordsee und dem Schwarzen Meer hergestellt hat. Weniger bekannt, dass es bereits 50 Jahre vorher einen Kanal gegeben hat, durch den die Nebenflüsse der Moldau (Vltava) und die Donau verbunden waren. Seine Spuren müssen wir jedoch nicht in Bayern, sondern im Böhmerwald suchen.
Während der Herrschaft von Karl IV. von Luxemburg, dem größten tschechischen König war bereits geplant die Nordsee mit dem Schwarzen Meer über die Flüsse Moldau und Elbe durch einen Schiffskanal zu verbinden. Der Bau hätte für einen großen wirtschaftlichen Aufschwung in den Ländern des Königreichs Tschechien gesorgt, die zwar keine Meere gehabt hat, ihre Flüsse aber in drei Seen mündeten. Die technischen und materiellen Voraussetzungen waren aber nicht gegeben um mit einer derart riesigen Arbeit zu beginnen.
In den Friedensjahren des 18. Jahrhunderts ist der Gedanke dann wieder aufgetaucht. Die Gründe für die Planung und die Umsetzung waren recht prosaisch: Während die Urwälder im Böhmerwald (Šumava) an der Grenze zwischen Bayern und Österreich wegen den Transportschwierigkeiten unangetastet gestanden haben, musste die Kaiserstadt Wien mit Mangel an Feuerholz ernsthaft zu kämpfen. Das ganze Gebirge war zu dieser Zeit eine unbewohnte und unzugängliche, mit rauschenden tückischen Bächen zerstückelte Region.
Der Ingenieur aus der Nähe, Josef Rosenauer (1735 Kalsching/Chvalšiny - 1804 Krumau/Cešky Krumlov) hat einen Plan erarbeitet, wie das Feuerholz aus dem Böhmerwald auf die Wiener Märkte zu schaffen wäre. Rosenauer hat als Fasanerieverwalter am Schwarzenberg-Gut angefangen, und wurde aufgrund seinem Fleiß und seiner Begabung zum Studium auf die Ingenieurakademie in Wien geschickt. 1771 wieder zurückkehrend hat er bei der auch den heutigen Außenminister von Tschechien gebenden Familie Schwarzenberg eine Anstellung als Forstingenieur und Landvermesser gefunden. Seine Arbeit war die bis dahin unbekannten Wälder und Berge geodätisch zu vermessen, und einen Plan für die Nutzung der hier gefundenen Rohstoffe zu erarbeiten. Die Herzogfamilie Schwarzenberg hat auf einem 47 Hektar großen Stück die Urwälder für die Wissenschaft und die Studierbarkeit erhalten, und damit die Anfänge des Nationalparks Šumava geschaffen.
Der obere Abschnitt des Schwarzenberger Schwemmkanals (III. militärische Aufnehmung: maipre.eu) |
Im Auftrag vom Grundherrn Johann von Schwarzenberg waren die Entwürfe für den Bau eines Schwemmkanals bereits 1775 fertig, der über die nordöstliche Seite des Böhmerwalds schlängelnd und am südlichen Gebirgsauslauf nach Süden biegend die Nebenflüsse der Moldau mit dem in Richtung Donautal fließenden Bach Großen Mühl bei Haslach verbinden sollte.
Längschnitt des Schwarzenberger Schwemmkanals |
Die Arbeiten konnten wegen besitzrechtlichen Problemen erst 1789 begonnen werden. Das Privileg auf Schwemme auf der westlich von Linz, zwischen Engerhaltszell und Eferding in die Donau fließenden Großen Mühl hat bis dahin dem Bistum Passau gehört. Der Kaiser hat der Familie Schwarzenberg dieses Privileg erteilt, wodurch der Kanalbau nach der Übernahme einer kleineren Fläche (Schlägl) vom Bistum beginnen konnte.
Der Ausgangspunkt des Schwemmkanals war am rechten Ufer des Baches Lichtwasser (Světlá voda) 918 Meter über dem Meeresspiegel in der Nähe der Grenze zu Bayern. Den Kanal kann man sich vorstellen, wie ein schlängelnder Graben an einem Waldweg entlang, der etwa eine Höhenlinie befolgt und der breit genug für die Schwemme von einen Meter langen Baumstämmen ist.
Querschnitt des Schwarzenberger Schwemmkanals (link) |
Etwa 1200 Menschen haben gleichzeitig am Kanalbau am Berghang gearbeitet, oft unter unvorstellbar schwierigen Bedingungen. Die Arbeit in den undurchdringlichen Urwäldern des Böhmerwaldes lässt sich am besten mit dem Eisenbahnbau im Wilden Westen vergleichen, wo keine menschliche Infrastruktur, keine Wege oder Siedlungen vorhanden waren. Die Arbeiten sind trotzdem schnell vorangegangen. Im ersten Baujahr wurde im unteren Abschnitt 29,3 km Kanal samt ergänzenden Anlagen, Graben, Schleusen und Durchlässen fertiggestellt. Bis 1791 wurde der Abschnitt bis zum aus dem Plöckensteiner See entspringenden Bach Jezerni erbaut. Nach Hoffnung von Rosenauer sollte das Wasser im Plöckensteiner See bei Niedrigwasser als Reservoir für das Holzschwemmen dienen. Für die Ingenieure hat allerdings oftmals ernsthafte Kopfzerbrechen bereitet, ob die Wassermenge im Kanal für die Schwemme ausreichen wird. 1793 wurde der Kanal auf einer Länge von 40 km bis zum Bach Jelení weitergebaut. Das erste Holzschwemmen, also die Hauptprobe hat 1791 stattgefunden und von da an konnte das billige Feuerholz ständig nach Wien „schwimmen“.
Mit dem Wachstum an Nachfrage und der Preise wurde nötig den Kanalbau nach Rosenauers Plänen fortzusetzen. Von 1821 bis 1822 wurde unter der Leitung vom Ingenieur Josef Falta der auch heute bewunderte 419 Meter lange Kanaltunnel erbaut, der die Brennholztransporte in einem Berg hindurch führte. Der bis zur bayrischen Grenze verlängerte Schwarzenberg‘sche Holzschwemmkanal hat mit seiner 51 km Länge mit der Große Mühl ein insgesamt 90 km langes System gebildet.
Der Ablauf des Holzschwemmens hat sich nach der Natur gerichtet. Im Winter haben die Holzfäller gearbeitet, wenn die gefällten Stämme auf Schlitten in die am Kanal liegenden Siedlungen befördert werden konnten. Beim Tauwetter im Frühling wurde das Mehrwasser aus den Bächen in den Kanal geleitet. Vom Frühling bis Herbst, solang der Nachschub an Wasser gereicht hat, ist das Holzschwemmen gelaufen. Dabei durfte auch eine ausrechende Zeit zum Austrocknen für das Holz nicht ungeachtet bleiben. Etwa 200 Leute waren mit der Beaufsichtigung beschäftigt, damit sich eine Stauung oder ein Steckenbleiben der Holzstämme zu vermeiden ließen. An besseren Tagen konnten sogar 900-1000 Klafter Holz (1 Klafter ~ 1,8 m3) heruntergeschwemmt werden. Die zwischen 1791 und 1889 auf dem Kanal beförderte Holzmenge liegt über 7,8 Mio. Kubikmeter.
Die durch die Schwemme aufblühende Wirtschaft hat viele in die Wildnis gelockt und aus dem Boden sind Holzfällersiedlungen gesprossen. In dieser Zeit wurden die Dörfer Huťský Dvůr, Nová Pec, Jelení Vrchy, Stožec, Nové Údolí gegründet.
Holztransport vor lamger Zeit (link) |
Durch die Parameter des Kanals war nicht möglich mehr als 1 Meter lange Holzstämme zu schwemmen. Der Kanal war unten 1,5-2, oben höchstens 3,5-4 Meter breit, und wurde durch 21 Bäche mit Wasser versorgt, und hat 87 Brücken gehabt. Das Wasser haben 80 Schleusen geregelt.
Als der Wassertransport im 19. Jahrhundert durch die Eisenbahn in Hintergrund gedrängt wurde und die Heizung von Holz auf Kohle umgestellt wurde, hat der Kanal an Bedeutung verloren. Er hat sich auch für das Schwemmen der Stämme für Bauholz zu eng erwiesen. Dieses Problem wurde 1887 gelöst, indem ein 22,3 km langer Abschnitt umgebaut wurde, damit sich sogar 20 Meter lange Stämme schwemmen ließen. Das Bauholz wurde jedenfalls nicht mehr bis zur Donau, sondern auf einer 3,8 km langen Rutsche in die Siedlung Salnau (Želnava) im Moldautal gebracht, die 1892 durch die Eisenbahn erreicht wurde.
Holztransport heute (link) |
Der Kanal hat von da an rasant an Bedeutung verloren. Der letzte Holztransport wurde 1916 nach Wien geschickt. Die Rutsche nach Želnava wurde bis 1962 benutzt, danach vom Wald wieder bewachsen und war in Verfall geraten. Einige Teile wurden zwischen 1990 und 2001 vom Nationalpark Šumava erneuert, wo von traditionell böhmerwaldisch gekleideten Holzfällern zur Freude der Touristen geschwemmt wird.
Literatur:
Übersetz von: Frick József
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